Birgit Schreiber erzählt von ihrem persönlichen Umgang mit Erfolg:
Gehen wir mal davon aus, wir hätten alle eine Definition dafür, was für uns Erfolg ist. Oder, noch besser, wir wären bereits in unserem Sinne erfolgreich. Was würde das für uns bedeuten? Wie gingen wir damit um? Stolz und selbstbewusst oder vorsichtig, nach dem Motto: Bloß nicht auffallen?
Manche Frauen tun sich bereits schwer damit zuzugeben, dass sie einmal, in ferner Zukunft, unter Umständen und vielleicht doch Freude daran haben könnten, erfolgreich zu sein. Wenn sie dann tatsächlich in einem Feld vorn dabei sind, gelobt, bewundert oder sogar bejubelt werden, spielen sie es herunter, bezeichnen es als Glücksfall, als Dienst an der Allgemeinheit oder schieben andere vor, die dafür verantwortlich sind, dass es zum Erfolg gekommen sei.
Ihr kennt niemanden, dem es so geht?
Tja, ich schon. Ich bin eine dieser bedauernswerten Frauen. Zumindest war ich das mal.
Und so hatte ich, wie viele meiner Bekannten, die sich mit Erfolg schwertun, lange Zeit Schwierigkeiten überhaupt wahrzunehmen, dass ich etwas besonders gut gemacht hatte und Lob verdiente.
Wenn es dann doch unumgänglich war, zum eigenen Erfolg zu stehen, fiel es mir schwer, mich ausgiebig zu freuen. Auch wenn ich mich noch so sehr angestrengt hatte, ich konnte meine Leistung, das Besondere, das Beachtenswerte am Ende nicht würdigen. Ich spielte die Leistung herunter, fand Fehler, oder legte die Latte so hoch, dass Erfolg zu fühlen, ausgeschlossen war. Ich hatte ihn mir ausgeredet.
Ich sage Euch: Diese Haltung und der dahintersteckende Perfektionismus ist eine ziemliche Spaßbremse.
Allerdings macht sie einen ziemlich erfolgreich im Bereich Selbstsabotage.
Diese Spaßbremse bin ich natürlich noch nicht ganz und gar losgeworden. Denn alte Muster – kognitive Therapeuten sprechen von Schemata – sind hartnäckig. Doch ich habe dazu gelernt, besser noch: ich habe umgelernt. Langsam aber sicher.
Erfolg widerspricht scheinbar einem unserer psychischen Grundbedürfnisse, der existenziellen Sehnsucht nach Bindung und Zugehörigkeit. Jedenfalls lese ich immer wieder, wie schwer gerade Frauen sich mit Konkurrenz und Neider*innen tun. Vielleicht haben wir schlichtweg nicht gelernt, mit Neid und Konkurrenz umzugehen. Neid zu fühlen, in Konkurrenz zu treten, scheint mir so tabu zu sein wie Lust am Erfolg.
Uns beschleicht die Sorge, nicht mehr gemocht zu werden, wenn wir Klassenbeste sind, einen Bucherfolg einheimsen, den Job als Chefin annehmen und Mitbewerberinnen hinter uns lassen. Vielleicht haben wir auch von unseren Eltern gelernt, wir sollten erfolgreich sein, aber sie doch bitte nicht übertrumpfen. Double Bind nennen Psycholog*innen diesen Auftrag. Wenn wir uns entscheiden, loyal zu sein, die Bindung zu sichern, tun wir uns vielleicht mit dem Erfolg, der uns von unserer Herkunftsfamilie unterscheiden könnte, schwer.
Die gute Nachricht ist: Erfolg zu genießen kommt unseren anderen psychischen Grundbedürfnissen zugute. Insgesamt sind es vier, die unterschiedlich definiert werden. Ich zähle dazu: Zugehörigkeit, Selbstwert/Selbstliebe, Kontrolle/Sicherheit, Spiel/Entspannung. Wir alle streben danach, diese Bedürfnisse immer wieder zu erfüllen und in Balance zu halten. Erfolge würden uns in jedem dieser Bereiche guttun!
Was können wir nun tun, um unsere Version von Erfolg aus seinem Dornröschenschlaf zu befreien?
Darauf werden wir in diesem Monat Antworten suchen und sicherlich auch finden. Ich bin schon sehr, sehr gespannt auf Eure Ideen! Und nun viel Spaß mit meinen Anregungen zum Thema Erfolg.
Herzlich
Eure Birigt